Faktoren, die den Lernerfolg fördern, sind beispielsweise eine gute Schüler-Lehrer-Beziehung oder bestimmte Lerntechniken wie wiederholendes Lesen.

Hausaufgaben fördern den Lernerfolg dagegen nur sehr wenig. Und selbst dieser geringe Nutzen ist mit Vorsicht zu betrachten.

Denn er hängt vom Zeitaufwand ab, den die Schülerinnen und Schüler in ihre Hausarbeiten investieren müssen.

Je mehr Aufwand, desto geringer sei der Profit, lautet Hatties Fazit. Profitieren würden im Durchschnitt vor allem ältere und leistungsstärkere Schüler.

Auch Armin Himmelrath hat für sein Buch «Hausaufgaben, nein danke» unzählige Studien untersucht.

«Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine einzige Studie, die belegt, dass Leistung oder Wissen durch das systematische Erledigen von Hausaufgaben gesteigert werden kann», fasst er zusammen.

«Im Gegenteil: Selbstwirksamkeitserfahrungen, Motivationssteigerungen, Selbststrukturierung bleiben in aller Regel auf der Strecke.»

Hausaufgaben abschaffen?

Pädagogen an den Hochschulen plädieren schon lange für die Abschaffung der Hausaufgaben. Als eine «heilige Kuh», als eine «Pille mit fast ausschliesslich negativen Nebenwirkungen» bezeichnet sie ein Dozent einer Fachhochschule.

Hausaufgaben brauche es nicht, sagt er, man könne sie getrost weglassen. Denn: Die Schüler würden nicht klüger und auch nicht dümmer.

Entscheidend ist die Qualität der Hausaufgaben. Laut Ulrich Trautwein von der Universität Tübingen ist sie ein massgeblicher Faktor für die Lern- und Schulkarriere.

In Mathematik etwa falle der Lernerfolg höher aus, wenn die Lehrpersonen sich auch für den Lösungsweg interessierten, selbst wenn dieser Fehler aufweise.

Denselben Effekt erzielt man, wenn Schüler bei Hausaufgaben über etwas Neues nachdenken müssen.

Schüler gaben an, vom Nutzen der Hausaufgaben überzeugt zu sein, wenn diese ihrer Meinung nach gut vorbereitet und in den Unterricht integriert sind.

Das bedeutet in der heutigen Schulwelt vor allem eins: Individualisierung. «Hausaufgaben müssten personalisiert werden.

Die Lehrer sollen die Schüler dort abholen, wo sie gerade sind», sagt Christoph Schmid, Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Denn Schüler würden manchmal in Sachen Selbständigkeit und -disziplin überschätzt.

«Dabei ist der Sinn der Hausaufgaben ja, dass die Kinder Vertrauen in ihr Können gewinnen und Erfolgserlebnisse haben.»

Das ist in manchen Schulen schon Alltag. Die deutsche Gesamtschule Barmen in Wuppertal erhielt 2015 den Deutschen Schulpreis, weil sie möglich macht, «dass alle an ihr Ziel kommen», wie es in der Laudatio hiess.

Dort dauert die Schulstunde 60 statt 45 Minuten. Hausaufgaben sind Arbeitsstunden, nicht drangehängt an den Unterricht, sondern um 10.30 Uhr, zwei- bis dreimal pro Woche.

Die Aufgaben, die die Schüler lösen müssen, sind massgeschneidert. Sind sie erledigt, gibts ein Kreuz ins Schülerlogbuch.

Die Eltern unterschreiben dieses Büchlein jede Woche und erfahren so, welche Fortschritte ihr Kind macht.

Zu Hause sollte nur Zeit für die Prüfungsvorbereitung bleiben.

In einer Schule im Aargau haben Lehrpersonen klassendurchmischte Unterrichtseinheiten und fix in den Stundenplan integrierte Lernatelierstunden eingebaut, in denen Schüler an ihren Aufträgen arbeiten.

Zu Hause sollte nur Zeit für die Prüfungsvorbereitung bleiben.

Aber: In vielen anderen Schulen bleiben Hausaufgaben Standard. Manchmal auch vom Vormittag auf den Nachmittag, übers Wochenende und über einen freien Nachmittag, obwohl das gesetzlich strittig ist.

Denn Experten sind sich einig, dass sie über einen freien Nachmittag nicht erteilt werden sollten, weil dies dem Anspruch der Kinder auf Erholung und Freizeit entgegensteht.

«Auch Kinder haben den Feierabend verdient», sagt etwa Gabriel Romano, Erziehungswissenschaftler, in einem Interview.

Umso mehr, als die Lektionenzahl derart zugenommen hat, dass sich Hausaufgaben erübrigt hätten, weil die Schüler tagsüber genug lernten: «Die Volksschule ist ein Fulltime-Job.»

Quelle

Dieser Artikel stellt eine gekürzte Version des Textes aus dem ElternMagazin Fritz + Fränzi 04/17 dar. Hier das Magazin bestellen.

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