Im Sommer 2020 tauschten wir uns verschiedentlich über die Schulentwicklung aus. Wir wussten, dass wir Kunst als integraler Bestandteil des Lehrplans fördern wollten. Wir wollten wir zudem sicherstellen, dass die Mehrheit unserer Schülerinnen und Schüler aus der Interdisziplinarität und der Förderung neuer Kompetenzen würde profitieren können.

Alle Elemente, die es für eine erfolgreiche Umsetzung brauchen würde, waren vorhanden: ein Künstler, Lehrpersonen für Kunst/bildnerisches Gestalten, Fachlehrpersonen sowie Lehrkräfte mit Erfahrung im Konzept-basierten Lernen (concept based learning). Wir mussten nur noch, aus diesen Einzelteilen ein Ganzes formen. Aus verschiedenen Gesprächen entstand eine Idee, bzw. eine Wunschvorstellung. Wie bei den meisten wirklich guten Ideen wurde auch diese von der Basis, d.h. bottom-up, entwickelt und war nicht top-down geplant. Meine Aufgabe als Konrektorin bestand lediglich darin, die vorhandene Idee aufzugreifen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Dazu musste ich die richtigen Leute zusammenbringen, sodass sie im Team ihre unterschiedlichen Talente zielgerichtet im Projekt einbringen konnten. Und genau das ist uns gelungen!

Im August 2020 starteten wir unser dreimonatiges Pilotprojekt. Es war ein Experiment bzw. als Aktionsforschung angelegt, wie wir in der Bildung gerne sagen. Wir verfolgten das Ziel herauszufinden, wie gut wir Kunst als integraler Bestandteil des Lehrplans in der bestehenden Organisation integrieren können. Wir waren der Meinung, dass der Einbezug von bildender Kunst einen echten Nutzen in einem explorativen, fächerübergreifenden Unterricht stiften kann, selbst wenn dafür ein separates Fach im Stundenplan eingesetzt wird. Die Schülerinnen und Schüler sollten durch Experimentieren ihr Verständnis für den Lernstoff hoffentlich vertiefen können.

In drei Blog-Beiträgen skizziere ich organisatorische Aspekte, die wir einsetzten (Teil 1), die Vorteile der Integration von Kunst in den Lehrplan, die Beweise und Forschungsergebnisse, die dies unterstützen, sowie eine Zusammenfassung des Feedbacks unserer Schülerschaft und der Lehrkräfte  (Teil 2) und im letzten Blog gebe ich einen Projekt-Ausblick in die Zukunft (Teil 3).

Das Pilotprojekt – ein interdisziplinäres „Opt-in“

Es war uns wichtig, dass die Teilnahme am Pilotprojekt freiwillig war, d.h. motivierte und an der Teilnahme interessierte Lehrpersonen sollten sich daran beteiligen können. Glücklicherweise meldeten sich Lehrpersonen aus verschiedenen Bereichen, die die Lehrerschaft sehr gut repräsentierten: Geografie-, Geschichts- und Sprachlehrer/-innen waren ebenso daran interessiert wie Lehrpersonen für Naturwissenschaften, um unsere Kunstlehrerin und einen externen Künstler bei diesem Projekt zu begleiten.

Die Atmosphäre am Kick-off im August 2020 war voller positiver Energie. Die grösste Herausforderung bestand daher darin, dem Projektteam bewusst zu machen, dass erreichbare Ziele für die limitierte Zeit und die beschränkten Ressourcen zu definieren waren. Erwähnenswert ist sicher, dass das Projekt ohne ehrliche, interdisziplinäre Zusammenarbeit der Projektmitglieder keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Wir konnten zum Glück darauf aufbauen, dass wir seit zwei Jahren die professionelle Zusammenarbeit im Team auf vielfältige Art und Weise bewusst gefördert hatten. Denn Zusammenarbeit kann nicht von heute auf morgen angeordnet werden. Hargreaves und O’Conner (2008) betonen, dass die beste Form der Zusammenarbeit die kollaborative Professionalität ist, die sich in einer vertrauensvollen, hochpräzisen Zusammenarbeit ausdrückt.

Verschiedene Lehrerteams arbeiteten im Projekt eng mit Christine Berger, unserer Kunstlehrerin, zusammen. Sie verfügt über einen grossen Erfahrungsschatz und viele Ideen für diese Art des Unterrichts. Unterstützt wurde sie dabei von Randy DuBurke, einem erfolgreichen Buchillustrator aus New York. Gemeinsam mit den Künstlern entschieden die Teams, wie und wann genau sie ihre Kunstprojekte innerhalb der vorgegebenen drei Monate gestalten wollten. Diese interdisziplinäre Arbeit an einem Kunstprojekt ersetzte dabei nicht den regulären Fachunterricht, sondern wurde zusätzlich eingeplant. Im Fachunterricht wurden Wissen und Konzepte vermittelt, die die Schülerinnen und Schüler anschliessend künstlerisch darstellten, um so den Lehrstoff besser zu verankern. Die einzige Vorgabe war, dass alle bis Anfang Dezember ein Werk erschaffen mussten, das ihr Verständnis des aktuellen Lernstoffs zum Ausdruck bringt. Diese organisatorische Flexibilität und den grossen Spielraum gaben die Lehrpersonen an die Schülerinnen und Schüler weiter: sie konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen, um das zu bearbeitende Thema künstlerisch umzusetzen. Die Lehrpersonen standen als Coaches jeweils beratend zur Seite.

COVID-bedingt mussten wir während zwei Wochen das Projekt unterbrechen und auf Online-Unterricht umstellen. Dadurch musste ich die Fristen kurzfristig anpassen und den Abgabetermin auf die letzte Woche des Semesters verschieben. Dennoch waren die Ergebnisse hervorragend: Hitlers Nazi-Deutschland wurde satirisch aufbereitet und als Magazin gestaltet. Bunte Küstenlandschaften wurden aus Ton modelliert und unsere Schülerinnen und Schüler schufen in den Naturwissenschaften im Dunkeln leuchtende Bakterien und 3D-Modelle von Molekülen, modellierten Handskulpturen und Lungen aus Ton und arbeiteten mit Blaudruck (Cyanotypie). Die fertigen Werke wurden virtuell in der Kunstmatrix und physisch in unserer Schule ausgestellt.

Wir wünschen viel Spass und Erfolg beim kreativen Lernen. Deine Academia International School Basel.

Autorin

Stephanie Wimmer-Davison, Konrektorin Academia International School Basel

Mehr Informationen zur Academia International School Basel
Rückmeldungen

Rückmeldungen zu diesem Blogbeitrag nehmen wir gerne entgegen unter: pr@academia-group.ch

Referenzen

A. Bolwerk et al (2014), “How Art Changes Your Brain: Differential Effects of Visual Art Production and Cognitive Art Evaluation on Functional Brain Connectivity,” PLOS One, on the internet at http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0101035.

Dan Davies, Rosalind Scott, Anna Robb, Chris Murray, Chris Harkins; Thinking Skills and Creativity
Volume 29, September 2018, Pages 59-70

Education Endowment Foundation https://educationendowmentfoundation.org.uk/evidence-summaries/teaching-learning-toolkit/arts-participation/

Epstein D (2019) “Range” Why generalists triumph in a specialized world

Hargreaves, A and O’Connor, M “Leading Collaborative Professionalism” Centre for strategic education.

Heikkilä, J., Tiippana, K. School-aged children can benefit from audiovisual semantic congruency during memory encoding. Exp Brain Res 234, 1199–1207 (2016). https://doi.org/10.1007/s00221-015-4341-6

Kumar, S. Prasanna (2018) Improving Working Memory in Science Learning through Effective Multisensory Integration Approach
Online Submission, International Journal of Mind, Brain & Cognition v9 n1-2 p83-93 Jan-Dec 2018

New York Times (2009) Using Arts Education to Help Other Lessons Stick. https://www.nytimes.com/2019/03/04/well/family/using-arts-education-to-help-other-lessons-stick.html

Shams, L., & Seitz, A. R. (2008). Benefits of multisensory learning. Trends in Cognitive Sciences, 12, 411–417. https://doi.org/10.1016/j.tics.2008.07.006

Walden University. Does Art Boost a Student’s critical thinking?
https://www.waldenu.edu/online-masters-programs/ms-in-education/resource/does-art-boost-a-students-critical-thinking

Worth (2020) How a focus on arts can boost resilience and character TES. https://www.tes.com/news/how-focus-arts-can-boost-resilience-and-character